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Hilfsaktion

„Ein Herz für Kinder“ schickt Hilfsgüter nach Lesbos

„Ein Herz für Kinder“ und „Human Plus“ brachten 33 Tonnen Hilfsgüter und Nahrunsgmittel für Flüchtlingskinder, Mütter, Schwangere und für das Insel- Krankenhaus nach Lesbos.

Das gab es noch nicht auf Lesbos: 33 Tonnen Hilfsgüter für Flüchtlingskinder, Mütter, Schwangere und für das Insel- Krankenhaus! Babybrei, Fruchtmus, Baby-Milch, Windeln hat BILD am Sonntag mit seiner Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“ und der Hilfsorganisation Human Plus angeliefert. Gesamtwert: fast 70.000 Euro!
BILD-Reporter Peter Tiede (rechts) mit Anestis Ioannidis (Mitte) vor dem Lastwagen mit tonnenweise Hilfsgütern für das Flüchtlingscamp auf Lesbos  (Foto: Konstantinos Tsakalidis)
BILD-Reporter Peter Tiede (rechts) mit Anestis Ioannidis (Mitte) vor dem Lastwagen mit tonnenweise Hilfsgütern für das Flüchtlingscamp auf Lesbos (Foto: Konstantinos Tsakalidis)
Die größte Hilfslieferung inmitten der Flüchtlingskrise: Ein Sattelzug, randvoll gefüllt. Mehr als eine Woche unterwegs von Deutschland bis in den Hafen von Mytilini, dem Hauptort der einstigen Urlaubs- und jetzigen Flüchtlings-Insel nahe der Türkei. Nicht für die Regierung. Nicht für die großen, von der Politik bestellten Organisationen. Nein: Für hunderte Freiwillige, die selbstorganisierten, von Einheimischen gegründeten Netzwerke. Vor allem für eine Gruppe, die für Kinder, Mütter und für Schwangere eine Oase in dem ganzen Chaos geschaffen hat: „Village of all together“, die Stadt für jedermann in einem alten Kinderferienlager in Mytilini, dem Hauptort der Insel. Gegründet von Efi Latsudis (47) – einer Einheimischen.
Nahrungsmittel extra für Kinder werden verteilt, sonst reichen nicht immer alle Lebensmittel im Camp aus, um alle Flüchtlingskinder satt zu machen  (Foto: Konstantinos Tsakalidis)
Nahrungsmittel extra für Kinder werden verteilt, sonst reichen nicht immer alle Lebensmittel im Camp aus, um alle Flüchtlingskinder satt zu machen (Foto: Konstantinos Tsakalidis)

Selbstorganisierte Hilfe aus Lesbos

Ende September war BILD zum ersten Mal in dem Camp. Und entschied: Wir müssen hier helfen. Auch, weil Efi Latsudis’ Gruppe Dinge mit anderen Freiwilligen-Teams auf der Insel austauscht. Man hilft sich gegenseitig – ein Netzwerk aus insgesamt 20 Gruppen. Sie helfen unabhängig. Aber auch: alleingelassen. Komplett alleingelassen von Staat, EU und allen öffentlichen Strukturen. Abgeschnitten von allen offiziellen Geldströmen. Unbesucht von Offiziellen aus Griechenland und von der EU. Unbezahlt, selbst- und Spenden-finanziert.
Dieser Junge trägt zufrieden seine eigene Ration davon  (Foto: Konstantinos Tsakalidis)
Dieser Junge trägt zufrieden seine eigene Ration davon (Foto: Konstantinos Tsakalidis)
5000 Euro Sofort-Hilfe hatte „Ein Herz für Kinder“ Ende September direkt überwiesen, auf ein Konto, dass erst neu angelegt werden musste. Bisher gab es solche großen Spenden nicht für die Gruppe. Man lebte von dem, was Freiwillige aus ganz Europa mitbrachten, was mit kleinen Spendenlieferungen kam. Und mit der ständigen Angst, dass es schon die nächsten Tage, beim nächsten Ansturm nicht mehr reichen könnte. Ein paar Säcke Mehl vom UN-Hilfswerk UNHCR und ausgemusterte Zelte. Das war’s. Die BILD-Reporter beschlossen: Das hat Unterstützung verdient. Hier kommt die Hilfe an – schnell und direkt. Ohne Verwaltungskosten, ohne Schmiergelder. Keine zweifelhafte Fluchthilfe, sondern Hilfe für Flüchtlinge. Für Kinder.

Genügend Nahrung für Kinder

Mayra ist Mutter von Drillingen und hat vor ihrer Flucht in Syrien Literatur studiert (Foto: Konstantinos Tsakalidis)
Mayra ist Mutter von Drillingen und hat vor ihrer Flucht in Syrien Literatur studiert (Foto: Konstantinos Tsakalidis)
„Es ist so gut, zu wissen, dass wir Nahrung haben – genügend Nahrung, dass wir uns nicht jeden Tag sorgen müssen, ob wir die Kinder und Mütter versorgen können“, sagt Efi Latsudis zu BILD, nachdem die „Ein Herz für Kinder“-Hilfe für ihr Projekt in einer Lagerhalle verstaut worden ist: 27 Paletten mit Brei, Mus, Milch und Windeln – Gesamtwert: 39 000 Euro. Einen kleinen Transporter packen die Helfer direkt voll – und bringen ihn ins Camp. Dort kommt er gerade rechtzeitig an für die sieben Monate alten Drillings-Mädchen von Mayra (23) und Koutiba Aldarwish. Ein Ehepaar aus dem zerbombten Aleppo – er ist Agrarstudent, sie Literaturstudentin, sie sind seit drei Wochen unterwegs. Nach Deutschland oder Norwegen wollen sie: „Die Kinder in Sicherheit wissen. Weiter studieren, in Ruhe leben, warten, bis der Krieg vorbei ist.“ Die junge Mutter strahlt, der Vater strahlt, die Mädchen strahlen. Sie ist ungläubig, zeigt auf die ersten Paletten mit Babybrei: „Können wir uns davon nehmen?“ Sie können, sie sollen. Dafür ist es da. Der erste Babybrei für die Kleinen. Und Hunderte andere. Dank der Spenden der BILD-Leser. Schnell entsteht eine Schlange vor den Paletten im Camp von Kinder aus Afghanistan, Syrien, Irak, Pakistan… Die Helfer erklären, dass jedes Kind nur einen Becher Obstbrei nehmen soll – es sei genug für alle und die nächsten Wochen da.

Hilfe für das örtliche Krankenhaus

Auch das Insel-Krankenhaus hat nun endlich Hilfe. Denn der „Rest“ des Hilfstransportes stammt von Human Plus, einer deutschen Hilfsorganisation, mit der „Ein Herz für Kinder“ seit Jahren zusammenarbeitet und die den Transport übernommen hat.
Vassilis Mouzalas (62) ist Chef des Krankenhauses in Mytilini und hält eines der neuen Geräte in den Händen  (Foto: Konstantinos Tsakalidis)
Vassilis Mouzalas (62) ist Chef des Krankenhauses in Mytilini und hält eines der neuen Geräte in den Händen (Foto: Konstantinos Tsakalidis)
Deren Chef, Anestis Ioannidis, hat ebenfalls 30 Tonnen an Hilfsgütern für Lesbos verschifft. Für eine Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung – und für die örtliche Klinik. „Wir beliefern die Klinik mit Verbandsmaterial und anderen dringend benötigten Dingen – im Gegenzug behandelt die Klinik Flüchtlinge und nicht-versicherte Einheimische“, sagt der Chef- und Gründer von Human Plus – selbst ein gebürtiger Grieche. In der Klinik freut sich deren Chef Vassilis Mousalas (62) auch über eine Spende von BILD und „Ein Herz für Kinder“: eine Ultraschall-Gerät zum Messen der Herztöne von ungeborenen Babys und zum Überwachen der Herztöne während der Geburt. „Das brauchen wir. Wir haben nicht genug.“ Es fehle an allem. „Wir versuchen, trotz der Finanzkrise auch in der Flüchtlingskrise zu bestehen.“ Auch, wenn wie vor drei Wochen Boote mit mehr als 300 Menschen an Bord vor der Küste kentern. „Wir können das nur alle zusammen schaffen. Es ist eine europäische Aufgabe. Ich danke ihnen und ihren Lesern für diese Hilfe“, sagt er.
Themen: humanitäre Hilfe Nothilfe