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Kerner in Niamey

Wunder kosten im Niger 1 Euro pro Tag

27.11.2016
Johannes B. Kerner zu Besuch im Niger. Viele Famililen flohen aus ihrer Heimat und sind auf Lebensmittelspenden angewiesen
Johannes B. Kerner zu Besuch im Niger. Viele Famililen flohen aus ihrer Heimat und sind auf Lebensmittelspenden angewiesen

Wir sind im Niger, dem ärmsten Land der Welt. Und wir wollten von Fati, Mutter von 6 Kindern, wissen, was sie sich für die Zukunft wünscht.

Zukunft? Die Dolmetscherin gibt sich Mühe, Fati (31) das Wort zu erklären. Aber was soll das sein Zukunft? Wer will wissen, was morgen ist, wenn es heute schon unerträglich ist? Wir sind im Niger, dem ärmsten Land der Welt. Wir wollten von Fati, Mutter von sechs Kindern, wissen, was sie sich für die Zukunft wünscht. Doch dieses Wort existiert in Fatis Sprachschatz nicht.
Fati kämpft täglich ums Überleben (Foto: Robert Porsche)
Fati kämpft täglich ums Überleben (Foto: Robert Porsche)
Fati denkt nur bis zum nächsten Essen überlegt, wie sie, wenn die Sonne wieder aufgeht, ihre Kinder satt kriegt. Das und nichts anderes entscheidet –über Leben und Tod! In Niger sind fast eine Million Kinder unter 5 Jahren massiv unterernährt. Denn das afrikanische Land hat wenig von all dem, was man zum Leben braucht: Wasser, Nahrung, Bildung. Aber jede Menge von dem, was niemand braucht: Dürren, Überschwemmungen, Korruption. Und obwohl im Niger nichts zu holen ist, strömen aus den Nachbarstaaten Mali und Nigeria massenhaft Flüchtlinge aus Angst vor den islamistischen Terroristen von Boko Haram und vor Bürgerkriegen ins Land. „Diese Armut hier ist nur schwer vorstellbar“, sagt Johannes B. Kerner (51), Moderator der großen TV-Gala „Ein Herz für Kinder“. Kerner besucht in Niamey, der Hauptstadt von Niger, die Diakonie Katastrophenhilfe.  

Er kann kaum glauben, was er sieht zum Beispiel in Gamkalle, einem Elendsviertel von Niamey, wo sich 150 Familien Hütten gebaut haben aus Plastikplanen von der nahen Müllkippe, zerlöcherten Bambusmatten oder einfach ein paar verdorrten Zweigen. Sie schützen weder vor der mörderischen Hitze (45 Grad im Schatten), noch vor dem Regen, der wenn er denn kommt sintflutartig ist.

Ärzte im Niger kämpfen verzweifelt um das Leben unterernährter Kinder – meist haben sie nicht einmal Medikamente (Foto: Robert Porsche)
Ärzte im Niger kämpfen verzweifelt um das Leben unterernährter Kinder – meist haben sie nicht einmal Medikamente (Foto: Robert Porsche)

Kerner trifft Fati. „Sie ist vor der Dürre in ihrer Heimat geflohen. Mit ihrem Mann hatte sie ein bisschen Vieh, aber das ist bei der letzten Dürre elendig verendet“, erzählt Kerner sichtlich geschockt. 

Fati zeigt ihr neues Zuhause in Gamkalle. Sie und die Kinder schlafen auf dem nackten Boden, das einzige Bett eine verrostete Pritsche ist ihrem Mann vorbehalten. Wenn er mal da ist. Er arbeitet als Wächter, verdient kaum mehr als 1 Euro pro Tag. Und das Brennholz, das Fati zum Kochen braucht, kostet schon 50 Cent am Tag. Von den restlichen 50 Cent soll die Familie satt werden. Zukunft kann man nicht essen, deshalb braucht sie Fati nicht. Fati braucht Hilfe. Die Hilfe der Diakonie Katastrophenhilfe, die hier Lebensmittelrationen verteilt: Reis, Hirse, Bohnen, Pflanzenöl, Milch, Zucker und Salz besonders wichtig für die stillenden Mütter. Und das sind hier irgendwie alle. Im Niger hat jede Frau im Durchschnitt acht Kinder! Die Geburtenrate ist dramatisch hoch wie die Kindersterblichkeit. Deshalb liegt das Durchschnittsalter im Niger bei 15,2 Jahren.  Unvorstellbar für ein greises Land wie Deutschland.

Fati muss los, Wasser holen zum Kochen, zum Trinken, seltener zum Waschen. Vier Mal am Tag geht sie mit dem einzigen Eimer und ihren kleinsten Kindern (Abduleih, zwei Monate, auf dem Rücken, die zweijährigen Zwillinge Hawa und Adama an der Hand) zur Straße. Und sie muss auch dort zahlen 3 Cent pro Eimer.

Dabei haben Fati und ihre Kinder noch Glück. Sie sind im Programm der Diakonie Katastrophenhilfe, gehören zu den 559 Familien, die einmal im Monat ein Hilfspaket bekommen. Mit ihrem Fingerabdruck bestätigt Fati den Empfang. Dieser Fingerabdruck bedeutet 30 Tage Leben.

Ein Hilfspaket kostet 30 Euro also 1 Euro pro Tag, um eine sechsköpfige Familie zu retten.

Es müssen noch viele Familien gerettet werden in Niger. Zum Beispiel die des kleinen Ibrahim. Der Junge ist nicht nur unterernährt, er hat auch noch Kinderlähmung. Die Mutter, Halima (42), kümmert sich um ihn und seine sechs Geschwister allein: „Ibrahims Vater hat uns einfach verlassen, als er nach der Geburt die verkrüppelten Beine sah.“ So ist das in Niger. Du lebst in der Hölle und dann gerätst du auch noch an den Teufel. In Kollo, einer Nachbarstadt von Niamey, arbeitet Dr. Sadou Moussa in einem kleinen Krankenhaus. Das Gesundheitssystem hier sieht zwar vor, dass Kinder unter fünf Jahren kostenfrei behandelt werden. Aber womit? Womit soll ein Arzt ein krankes Kind behandeln, wenn er nichts hat? Keine Medikamente, kein Verbandszeug, keine Spritzen? Womit? Ohne die Hilfe der Diakonie Katastrophenhilfe könnte sich Dr. Moussa um keinen einzigen seiner Patienten mehr kümmern. Er führt Kerner durch die Krankenstation. Sie ist voll, überbelegt. Kerner sieht Kinder, die der Tod schon im Arm hält, weil sie so leicht sind.

„Es ist ein Teufelskreis. Das Immunsystem der Kinder ist durch die Unterernährung geschwächt. Sie werden schneller krank. Durch die Krankheit, z. B. einen Virus, Durchfall, Malaria nehmen sie dann noch weiter ab.“

So wie Amadou. Er ist zwei Jahre alt, wiegt kaum 5 Kilo. Er ist zu schwach, um die Milch zu trinken, die ihm seine Oma einzuflößen versucht. Amadou hat Malaria. Malaria ist mit moderner Medizin kein Problem mehr. Aber Dr. Moussa hat kein Malaria-Mittel. Zu teuer! Auch Amadou hat keine Vorstellung, was Zukunft bedeutet. Er wird verhungern, bevor die Malaria ihn wegrafft wenn kein Wunder geschieht. Wunder kosten hier im Niger 1 Euro pro Tag.

BÜNDNIS GEGEN HUNGER

„Ein Herz für Kinder“ unterstützt das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe, in dem sich Caritas international, Diakonie Katastrophenhilfe, Deutsches Rotes Kreuz und Unicef zusammengeschlossen haben, im Kampf gegen den Hunger.

Wenn Sie helfen möchten, spenden Sie an: BILD hilft e. V. – „Ein Herz für Kinder“ Deutsche Bank Hamburg IBAN DE60 2007 0000 0067 6767 00. Oder spenden Sie online per PayPal unter: www.paypal.me/einherzfuerkinder Jeder Cent Ihrer Spende fließt direkt in Kinderprojekte!
Themen: Armut humanitäre Hilfe