Wenn Miro in der ersten Reihe der Klasse 6e etwas sagen möchte, beginnt sein Kopf grün zu blinken.
Die Lehrer übersehen das Blinken manchmal, aber in Miros Nähe sitzt immer ein Kind, das sie dann darauf hinweist: „Miro zeigt auf!“
Miro heißt eigentlich AV1. Er ist ein Roboter, ein Schul-Avatar, der im Gymnasium Landsberg in Sachsen-Anhalt zum Einsatz kommt. Dort sitzt er auf dem Platz eines Jungen, der tatsächlich Miro heißt und einen seltenen Herzfehler hat, und überträgt den Unterricht zu Miro nach Hause in sein Kinderzimmer. Weil es einfacher ist, nennen die Kinder den Roboter einfach wie ihren Freund, wenn der mal nicht am Unterricht teilnehmen kann.
Miro kam mit seltenem Herzfehler auf die Welt
Miro ist 12 Jahre alt. Er kam mit einem seltenen Herzfehler auf die Welt. „Er hatte einen ziemlich harten Start ins Leben“, sagt seine Mutter Doreen R. (42). Miro schlug sich durch, wuchs zu einem wachen, pfiffigen Jungen heran, der gern spielt und seine Freunde um sich hat.
„Aber er hat halt seine Einschränkungen“, sagt Mutter Doreen. Miro ist weniger leistungsfähig, schneller müde und fängt sich schnell Infekte ein. Deshalb fehlt er häufiger in der Schule.
„Er hat das immer gut geschafft“, sagt seine Mutter. So gut, dass er trotz der Fehlzeiten nach der Grundschule aufs Gymnasium wechseln konnte. „Er ist zum Glück ein cleveres Kerlchen. Aber mit dem Schulwechsel hatten wir unsere Sorgen.“
Bei einem Besuch in der Klinik sah Doreen R. einen Flyer des „Bundesverbands Herzkranke Kinder“, der Kinder in Miros Situation mit Unterstützung von „Ein Herz für Kinder“ mit Avataren ausstattet. „Da dachte ich: Ich melde mich mal.“
Der Schulleiter war begeistert. Lehrer und die Eltern der Mitschüler mussten überzeugt werden – der Datenschutz. „Es ging vor allem darum, Ängste abzubauen“, sagt Schulleiter Stephan Baier (38). „Der Avatar kann nichts aufzeichnen. Er überträgt Bilder, aber es ist sichergestellt, dass diese nirgendwo anders auftauchen.“ Am Ende waren alle einverstanden.
„Das ist schon anders, als wenn da nur eine Webcam steht“, freut sich der Schulleiter.
Miro steuert den Roboter von zu Hause mit einem iPad, auf das Bild und Ton aus der Klasse übertragen werden. Der Avatar kann sich drehen, den Kopf bewegen, über ein Mikrofon spricht Miro mit der Klasse. So kann er auch in der Pause mit seinen Freunden quatschen.
Der Avatar, sagt Miros Mutter, sei „auch emotional eine große Erleichterung.“ Zusammenhänge und Zwischentöne gingen endlich nicht mehr verloren. Und auch die Kinder haben „Miro 2.0“ in ihr Herz geschlossen. „Er ist Alltag geworden“, sagt Klassenlehrerin Isabell Puchta. „Er ist ganz selbstverständlich Teil des Unterrichts.“
Schulleiter Baier: „Ich kann nur an alle Schulen appellieren: Wenn Sie Kinder haben, die krank sind – seien Sie mutig. Sie tun den Kindern Gutes!“