Ein wunderhübsches Baby wird geboren. Erikas Mutter ist HIV-positiv, Erika nicht, denn die Mutter bekam Hilfe im DREAM-Zentrum.
Dies ist eine Geschichte über AIDS. Es ist trotzdem eine schöne Geschichte, niemand stirbt, im Gegenteil: Es wird jemand geboren, das wunderschöne Baby Erika.
Die Geschichte ist schön, weil Erikas Mutter HIV-positiv ist, Erika aber nicht. Und weil Menschen darin vorkommen, die so etwas möglich machen, die dafür sorgen, dass AIDS eines Tages vielleicht ausgestorben sein wird.
Dies ist die Geschichte, wie Erika Antonio Ussivane, geboren in Mosambik, Afrika, im Herbst 2011 gesund ins Leben fand.
Man muss früher anfangen, im Jahr 2005. In dem Jahr, in dem die Verkäuferin Laura Antonio Ussivane, damals 26 Jahre alt, verheiratet und Mutter zweier Söhne, sich Sorgen um ihren Elton machte, damals zwei. Der Junge hatte Fieber, wieder einmal, und er war seltsam aufgeschwemmt. Laura und Elton gingen zum Arzt. Der stellte fest: Mutter und Sohn sind HIV-infiziert.
Laura, wie in Trance, ließ ihren zweiten Sohn testen, Benedicto, damals zehn. Er war negativ. Sie musste sich zwischen den Geburten infiziert haben.
Die Verkäuferin Laura Antonio Ussivane ist eine treue Frau, ihre Familie bedeutet ihr viel. Ihrem Mann, einem Friseur, offenbar nicht. „Ich wollte ihn umbringen“, sagt Laura sechs Jahre später, die Stimme ohne Wut.
Wir sitzen auf einer Bank hinter dem DREAM-Zentrum von Maputo, der Hauptstadt Mosambiks. In diesem Zentrum wird Menschen wie Laura geholfen: Die DREAM-Helfer kümmern sich um 3300 HIV-infizierte Menschen, testen ihr Blut und machen ihnen Mut, geben ihnen Zuspruch und Medikamente, sobald es nötig ist. Sie versuchen, die Seuche AIDS im Zaum zu halten: Zwölf Prozent der Mosambikaner sind HIV-positiv.
Das DREAM-Zentrum, betrieben von der Organisation „Sant Egidio“ und unterstützt von „Ein Herz für Kinder“ und der Deutschen AIDS-Stiftung, ist ein fröhlicher Ort.
Keiner, der krank wirkt oder trostlos. Die meisten Helfer sind selbst infiziert. Sie verstehen die Ängste der Patienten, sie können zeigen: Schau mich an, ich habe es auch geschafft. In dieses Zentrum schickte der Arzt Laura nach der schrecklichen Diagnose. „Geh da mal hin, die helfen dir.“ Das war eine gute Fügung in diesen schrecklichen Tagen von 2005.
„Ich wollte meinen Mann töten“, sagt Laura. „Aber ich musste doch an die Kinder denken.“
Als sie ihrem Mann von der Infektion erzählte, ließ er sein, was viele Männer in Mosambik sein lassen, und tat, was viele tun: Er ging nicht zum Test. Er lief davon. Laura lernte in diesen Tagen, dass Männer Feiglinge sind.
Bei DREAM fand sie neuen Lebensmut. Sie lernte, dass eine HIV-Infektion eine chronische Krankheit ist, die sich kontrollieren lässt. Dass man erst Medikamente nehmen muss, wenn eine bestimmte Viruslast im Blut vorhanden ist. Oder wenn man schwanger wird.
Beginnt eine werdende Mutter 90 Tage vor der Geburt eine Therapie, ist eine Übertragung des Virus auf das Baby fast ausgeschlossen. 7800 Geburten positiver Mütter betreuten die DREAM-Helfer in den letzten zehn Jahren. Kaum ein Baby war infiziert.
„Die meisten Mütter sind sehr diszipliniert“, sagt die Ärtztin Dr. Noorjehan Abdul Magid. „Die eigene Gesundheit kümmert sie oft nicht. Aber um die ihrer Kinder sind sie besorgt.“
So war es auch bei Laura. Mit neuem Mut kam ein neuer Mann, ein Elektriker aus der Nachbarschaft. Sie erzählte ihm, dass sie positiv ist, es störte ihn nicht. Anfang 2011 wurde Laura wieder schwanger, im Herbst kam Erika auf die Welt, nie hatte die Mutter Angst um ihr Kind.
„Ich wusste, dass die Medikamente gut helfen, dass der Test negativ sein würde. Ich hoffte nur, dass es ein Mädchen wird.“
Der erste Test war negativ, zwei weitere werden folgen, nach 18 Monaten ist man sicher. Nimmt Laura weiter die Medikamente, kann sie Erika sogar stillen. „Geht man offensiv mit HIV um“, sagt Laura und wiegt Erika im Arm, „dann nimmt man dem Virus den Schrecken. So verhinderst du, dass HIV dein Leben beherrscht.“
Ob ihr neuer Mann auch infiziert ist? Laura weiß es nicht. Im ersten Jahr ihrer Beziehung benutzten sie Kondome. Dann wollte er nicht mehr. Zum Test, sagt er, wolle er lieber nicht gehen.