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Hoffnung im Elends-Viertel in Brasilien

Miss Germany rettet die Favela-Kinder

11.04.2024
Die glücklichen Kinder des Projekts "Camm" von Miss Germany Domitila Barros in Recife (Brasilien).
Die glücklichen Kinder des Projekts "Camm" von Miss Germany Domitila Barros in Recife (Brasilien). Foto: privat

Recife (Brasilien) – „Sind sie sicher, dass Sie dahin wollen?“, fragt der Taxifahrer argwöhnisch, als BILD-Reporter ihm die Adresse zeigen. Immer unheimlicher wird mit jedem Block die Fahrt, immer zwielichtiger die Gegend. Das letzte Stück fährt der Mann so schnell wie möglich. Bloß nirgendwo anhalten, auch nicht an roten Ampeln. Das Ziel ist einer der gefährlichsten Orte in Brasilien, die Favela „Linha do Tiro“ (dt.: „Schusslinie“)!
Der Grad zwischen Leben und Tod ist schmal in diesem Elend. Es dauert nicht lange, da laufen dicke rote Rinnsale die Straße hinab. Ein Mann ist gerade erschossen worden. Eins von rund fünfzehn Opfern – pro Woche. Es ist die Blutspur der Favela der Angst, in der ein Menschenleben nicht viel wert ist.

Domitila hat nie vergessen, wo sie herkommt.
Foto: privat

Wer hier geboren wird, ist normalerweise für immer hier gefangen. Doch damit Straßenkinder diesem Dschungel der Gewalt entkommen können, unterstützt „Ein Herz für Kinder“ ein ganz besonderes Projekt.
April 2022: BILD begleitet Domitila Barros (39) auf eine Reise zurück in die Vergangenheit. Erst wenige Wochen zuvor wurde die gebürtige Brasilianerin zur Miss Germany gewählt. Zur Welt gekommen und aufgewachsen in der Favela, schaffte sie es als eine der wenigen raus aus der bitteren Armut. Ihre Wurzeln hat sie aber nie vergessen.


„Meine Eltern gründeten 1983 das Straßenkinder-Projekt Camm. Denn der einzige Ausweg in ein besseres Leben ist Bildung“, sagt Domitila.
Hier, wo der Müll nicht abgeholt wird, wo es keine Polizei gibt, keinen Schutz, keine Perspektive. Wo nicht weit entfernt die Helikopter der Superreichen auf den Wolkenkratzern Recifes landen, stirbt die Hoffnung schnell. Der Wohlstand ist so nah, und doch unerreichbar. Linha do Tiro ist ein Ort der Trostlosigkeit, in dem Domitilas Familie den ärmsten Kindern die Chance auf ein besseres Leben schenkt. Mit dem Straßenkinder-Projekt „Camm“.
Doch Corona-Pandemie und Inflation durch den Krieg in der Ukraine haben das Projekt schwer getroffen. Die BILD-Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“ hilft, diesen einzigartigen Ort der Hoffnung am Leben zu halten.

Große Freude über die Unterstützung von „Ein Herz für Kinder“. Domitilas Mama Roberta (M.) führt das Projekt für Straßenkinder seit mehr als vierzig Jahren. (Foto: privat)
Foto: privat


Mit der finanziellen Unterstützung des Vereins werden Klassenzimmer renoviert, die Kantine und Sanitäranlagen saniert. Die Mauer zur brutalen Favela-Welt verstärkt, 25 Tische und Stühle angeschafft, dazu Kühlschrank, Klimaanlage, Herd, Mikrowelle, Ventilatoren, Küchenutensilien, Sportgeräte. Und endliche bekommt „Camm“ auch einen Kleinbus. Monatelang schuften Helfer, bis endlich alles fertig ist.
„Ich bin unendlich dankbar, dass das alles durch meine Teilnahme bei Miss Germany möglich geworden ist“, sagt Domitila glücklich. „Ich glaube an die Menschheit und das Gute sowie an Projekte und Missionen. Worte können nur Leben retten, wenn sie von Menschen kommen, die Empathie in sich tragen und es wirklich ernst meinen. Das ist ein ‚Herz für Kinder‘ für uns. Ihr habt das Leben vieler Kinder verändert.“

So sahen die Räume vor der Sanierung aus (Foto: privat)
Foto: privat
Nach der Renovierung: Hier können die Kinder endlich sicher und in Ruhe lernen. (Foto: privat)
Foto: privat

Sechs Straßenkinder nahm Domitila Mama Roberta (58) vor vierzig Jahren bei sich zu Hause auf, so fing alles an. Schnell wurden es 30, dann 120 Kinder. Mittlerweile hat sie mehr als 5000 Mädchen und Jungen großgezogen. Einige haben etwas aus sich gemacht.
Roberta damals zu BILD: „Mir ist bewusst, dass nicht jedes Kind eine Miss Germany werden kann. Aber jedes Kind sollte zumindest einmal gehört haben, dass es das Potenzial hat, etwas zu erreichen. Es ist schon ein Sieg, in diesem Dschungel der Armut zu überleben.“

„Für die Kinder bedeutet das Würde“, sagt Mama Roberta. „Sie haben ein Recht darauf, in Sicherheit zu spielen und zu essen, einfach Kind sein zu dürfen. Für uns zählt jedes Leben. Unser Projekt zum 40-jährigen Jubiläum umbauen zu dürfen, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit. Ein Traum wird wahr.“

Ein Blick in die sauber gestaltete Kantine (Foto: privat)
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Und auch die Sanitäranlagen sind hygienisch. In vielen Favela-Hütten gibt es nicht mal eine Toilette (Foto: privat)
Foto: privat