Nach dem weiteren gewaltigen Nachbeben ist die Zahl der Opfer auf 8600 gestiegen – damit ist es die tödlichste Katastrophe in der Geschichte des Landes.
Kathmandu (Nepal) –Nach dem weiteren gewaltigen Nachbeben ist die Zahl der Opfer auf 8600 gestiegen – damit ist es die tödlichste Katastrophe in der Geschichte des Landes. Nach Angaben des Deutschen Geoforschungszentrums in Potsdam hatte das Beben die Stärke 7,3. Das Epizentrum lag demnach nur wenige Dutzend Kilometer östlich der Hauptstadt Kathmandu. Korrespondenten berichten, dass die Menschen in Panik auf die Straße rannten. Alle Telefonverbindungen in Kathmandu funktionierten zunächst nicht. Das Epizentrum des Bebens vor zweieinhalb Wochen, das die Stärke 7,8 hatte, lag westlich von Kathmandu. Nach Angaben der Behörden sind allein in Nepal mindestens 8600 Menschen ums Leben gekommen, etwa 16 000 weitere wurden verletzt. Mindestens 100 Menschen starben im benachbarten China und Indien. Auch das gewaltige Nachbeben war bis in die indische Hauptstadt Neu Delhi zu spüren. Bei dem Beben am 25. April waren fast eine halbe Million Häuser in Nepal zerstört oder schwer beschädigt worden. Millionen Nepalesen leben derzeit in Zelten und sind auf Nahrungsmittellieferungen angewiesen. Nach UN-Angaben ist etwa ein Viertel der Bevölkerung des armen südasiatischen Landes betroffen. [pageblock type=“gallery“][/pageblock] Einen Monat nach dem verheerenden Erdbeben der Stärke 7,8 brauchen hunderttausende Menschen weiterhin ein sicheres Dach über dem Kopf. Die Zeit drängt, da in Kürze der Monsun einsetzt. Nach Angaben der nepalesischen Regierung sind rund acht Millionen Menschen von dem Erdbeben betroffen, über 750 000 Häuser wurden komplett zerstört oder stark beschädigt. Weiterhin bleibt es eine enorme Herausforderung entlegene Dörfer zu erreichen, wo Menschen Lebensmittel und Trinkwasser benötigen. Wenn die Regenzeit beginnt, könnte es zu erheblichen Erdrutschen kommen, die den Zugang zusätzlich erschweren. Die wichtigsten Fragen zur Katastrophe. Wie kam es zu dem verheerenden Beben am 25. April? Weil unter dem Himalaja gigantische Kräfte wirken! Der Seismologe Dr. Winfried Hanka vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam zu BILD: „Der Subkontinent Indien bildet eine eigene Erdplatte, die sich mit hoher Geschwindigkeit nach Norden schiebt und gegen die eurasische Platte prallt. Dadurch faltet sich seit sehr langer Zeit der Himalaja auf. Das Aufeinandertreffen der beiden Platten löst Spannungen aus, die sich regelmäßig in schweren Beben entladen. Was hat das Erdbeben so verheerend gemacht? Dr. Wanka: „Es hat in sehr geringer Tiefe von nur zehn bis 20 Kilometern stattgefunden.“ Denn es gilt: Je tiefer ein Beben, desto mehr verteilt sich die Energie auf eine größere Fläche.“Warum zieht Nepal Bergsteiger magisch an?
Der HimalajaStaat Nepal gilt als Geburtsland Buddhas und zieht jährlich mehr als 800 000 Touristen in seinen Bann! Neben buddhistischen und hinduistischen Tempeln und Palästen, die zum Weltkulturerbe zählen, ist das Himalaja-Gebirge Reise ziel von Bergsteigern aus aller Welt.
Seit der Erstbesteigung des Mount Everest im Mai 1953 haben ihn mehr als 4000 Bergsteiger bezwungen – mithilfe von Sherpas, den nepalesischen Bergführern. Eine Tour kostet je nach Reiselänge 20 000 bis 70 000 Euro.
Wer hilft vor Ort?
Aus Deutschland brachen 52 Experten für die Bergung von Verschütteten auf, China entsandte 62 Spezialisten mit Spürhunden nach Nepal. Rettungskräfte suchten unter den Trümmern nach Überlebenden, in überfüllten Krankenhäusern wurden Verletzte versorgt.
Die christliche Hilfsorganisation Malteser International entsandte ein Erkundungsteam, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Auch Caritas startete einen Nothilfeeinsatz, während Care Experten nach Nepal schickte, um ihre 150 Mitarbeiter vor Ort zu unterstützen.
Das Deutsche Rote Kreuz schickte von Berlin ein Flugzeug mit 60 Tonnen Zelten, Decken, Hygienepaketen und anderen Hilfsgütern nach Nepal. Der vom Auswärtigen Amt finanzierte Flug transportierte auch eine Trinkwasseraufbereitungsanlage.
Die US-Hilfsorganisation USAID schickte Rettungskräfte los und sagte eine Million Dollar an Hilfsgeldern zu. Neuseeland und Australien stellten zusammen mehr als 4,5 Millionen Dollar bereit. Indien flog mit zwei Militärflugzeugen eigene Bürger aus und entsandte 13 Militärflugzeuge mit Hilfsgütern.
Auch Pakistan schickte einen Flug mit Hilfsgütern los. Israel kündigte an, 25 von Leihmüttern ausgetragene Babys und deren israelische Adoptiveltern auszufliegen.
Was passiert mit den Toten?
„Hier sind 800 Leichen aufgestapelt, und wir arbeiten sie ab, checken eine nach der anderen”, sagte die Krankenschwester Pramila Pradhan vom Lehrkrankenhaus in Nepals Hauptstadt Kathmandu.
„Es gibt Babys mit zerschmetterten Gesichtern. Väter tragen ihre Babys herein und bitten uns, sie zu behandeln. Wie behandeln wir jeden und wo beginnen wir – wir wissen es nicht.”
Aus Angst vor Seuchen und Krankheiten hatten Familien bereits damit begonnen, die Leichen auf Freiflächen zu verbrennen.
„Ich habe hunderte von Toten brennen sehen. Ich habe nie gedacht, so viele auf einmal zu sehen“, sagte Rajendra Dhungana (34) im Pashputi Nath Tempel in Kathmandu, der wegen der Beerdigung seiner Nichte vor Ort ist.
Notstand in Nepal ausgerufen
Papst Franziskus appellierte bei seinem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz in Rom an die Welt, den Opfern Hilfe und Solidarität zukommen zu lassen. „Ich bete für die Opfer, für die Verletzten und für alle, die unter diesem Unglück leiden müssen”, sagte er.
Angesichts der gewaltigen Zerstörungen im Land hat Nepals Regierung den Notstand ausgerufen.
Die Stromversorgung könnte lange ausfallen, da das Erdbeben die Wasserkraftwerke beschädigt hat, von denen Nepal fast all seinen Strom bezieht. „Wir laden unsere Handys an Autobatterien auf”, sagte Alina Shrestha von der Hilfsorganisation World Vision.
Die Vereinten Nationen teilten mit, die Krankenhäuser im Tal von Kathmandu seien überfüllt. Der Nothilfe-Nachschub gehe zur Neige, es gebe auch keinen Platz mehr, um die Leichen zu lagern. Schulen und Universitäten bleiben für eine Woche geschlossen.
In der 2,5-Millionen-Einwohner-Stadt Kathmandu zerstörte das Erdbeben auch jahrhundertealte Tempel und Bauwerke.
Schlimmstes Beben seit mehr als 80 Jahren
Bei der Naturkatastrophe vom Samstagvormittag (Ortszeit) handelt es sich um das schlimmste Beben in Nepal seit mehr als 80 Jahren. Es erreichte eine Stärke von 7,8. Das Epizentrum lag 80 Kilometer nordwestlich von Kathmandu in einer Tiefe von elf Kilometern. Es folgten mehr als zwei Dutzend Nachbeben.